Weinrallye #78: Problematische Assemblagen

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Das Thema „Tristan und Isolde“ hätte man unschwer auch ohne Richard Wagner abhandeln können. Die keltische oder französische Geschichte befand sich schon Jahrhunderte auf der Literaturliste bevor Richard Wagner sich ihrer annahm. Seine Gedanken gingen dabei interessanterweise statt von einer gelungenen Assemblage – als der verborgenen Titelgeschichte der Weinrallye – ab, zum hin zum schieren Helden. Tatsächlich ist bei Wagner zumeist nur vom „Tristan“ die Rede, während Isolde nur eine Nebenrolle spielen darf.

Die „Assemblage“ in Gestalt der Mathilde Wesendonck, die in einer leidenschaftlichen Dreierbeziehung mit ihrem Ehemann und Wagner zu der Oper inspiriert hatte, blieb im richtigen Leben folgenlos.

Mit zehn Jahren Verspätung Immerhin – vielleicht um seiner Oper endlich zum Durchbruch zu verhelfen – Uraufführung am 10.06.1865 – benannte Cosima von Bülow, das gerade ihm von Wagner geborene Mädchen, Isolde. Isolde war die Lieblingstochter von Wagners späterer Ehefrau Cosima. Ihre zahlreichen Verehrer behandelte sie recht schnippisch, unter anderem auch den bekannten Houston Neville Chamberlain, den sie „Glotzauge“ nannte. Cosima trat das Erbe Richard Wagners in vielerlei Hinsicht an, auch und besonders hinsichtlich seines Antisemitismus. – Auch eine Assemblage. –

Um der Wahrheit die Ehre zu geben, scheint in seinem Privatleben Wagner keine allzu starken Aversionen gegen das Judentum gehegt zu haben. „Selbst in seinen offen antijüdischen Memoiren Mein Leben fand Wagner in den sechziger Jahren Worte herzlicher Zuneigung über den Konvertiten Samuel Lehrs, der in Paris zu seinen engsten Freunden gehört hatte. .. Nichtsdestoweniger geht aus Wagners Briefen hervor, dass er damals von einem latenten Antisemitismus besessen war, der gelegentlich in gehässigen Bemerkungen durchbrach.“ In einem Brief an Theodor Apel tobte er gegen das sogenannte „verfluchte Judengeschmeiß“. In wesentlichen handelte es sich bei Wagner um eine Art politischen Antisemitismus im Geiste der Junghegelianer, zu allem Unglück auch noch gepaart mit starken Ressentiments gegen alles Französische.

Wagners Weinerfahrung ist mannigfaltig, natürlich unter Bevorzugung der besten Sorten und Qualitäten. Bei dürftiger Quellenlage firmieren etliche Weine als Wagners Lieblingstropfen, so zum Beispiel der Mavrodaphne. Ernst gemacht hat die Frankfurter Oper mit dem Weinandenken Wagners, als dieser ein unveröffentlichtes Manuskript der Walküre aus Osthofen mitbrachte, und bei dem Genuß des gleichnamigen Werkes einen Grauburgunder aus dem Jahr 2009 servierte.

Assemblagen dürfte der Meister im wesentlichen während seiner Zeit in Paris kennengelernt haben, darunter auch den beim gewöhnlichen Weinvolk unbekannten Saint Peray. So soll er bei einigen Flaschen Saint Peray den Parzival niedergeschrieben haben. Weitere Saint Peray-Liebhaber waren Alphonse Daudet und Zar Nikolaus II.

Tatsächlich handelt es sich bei dem Saint Peray um einen Weinverschnitt, und zwar ursprünglich um den je hälftigen Anteil der weißen Rebsorten Marsanne und Rousanne. Das in diesem Fall weniger strenge französische Weinrecht ließ Ausnahmen mit Blick auf Aroma und Dauerhaftigkeit der Weine zu. Die Marsanne ist Namensgeberin des kleinen Örtchens an den Rhone und mit rund 2000 ha bestockter Rebfläche hat sie Anteil an den Gewächsen der Hermitage. Ihr Wein wird als voll und mild beschrieben, bei allerdings begrenztem Alterungspotential.

Die Rousanne wird auch Rousette genannt und hat ihr Verbreitungsgebiet von Genf bis an die südliche Rhone. Auch sie ist an den berühmten Weinen von Hermitage beteiligt. Das Taschenbuch der Rebsorten beschreibt ihre Weine als „körperreich, lieblich und duftig“.

Es sollte also keine Schwierigkeit bieten, aus den beiden Schwestern höchst anspruchsvolle, geradezu künstlerische Weine zu erzeugen. Krügers Weinlexikon beschreibt den Saint Peray denn auch als „goldfarbener und körperreicher als ein Champagner“, der einen ganz „eigentümlichen Geschmack“ hat und zu den „besseren Vin mousseux“ zählt.

Trotz vieler Jahre, in denen dem Saint Peray mit seinem damals führenden Erzeuger Chaboud die Treue gehalten wurde – oft hat er auch angenehmer gemundet als so mancher Champagner, allerdings mit etwas weniger und größeren Perlen – ist er doch wieder in Vergessenheit geraten.

Weder Chaboud, noch Marsanne oder Rousanne waren schuld, auch wenn die Reben von verschiedenem Charakter sind. Auch nicht Richard Wagner. Aber waren „Tristan und Isolde“ nicht ebenfalls ein tragisches Paar, das nicht glücklich werden konnte?

Gastgeber der diesmaligen Weinrallye #78 / 2014 ist der „hundertachtzig°“. Die Weinrallye hat auf edelste-weine.de schon eine wenn auch kurze so doch vorhandene Tradition. Hier geht es zum letzten Beitrag von uns zur Weinrallye. Auf das Risiko, zu guter letzt doch noch einen Rotweinflecken abzubekommen, heben wir das Glas. Zum Wohl!


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