Chardonnay: die Geister die ich rief

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Auf der Zunge wirkt er wunderbar schmelzig, nicht zu dick oder opulent. Die Pfirsischaromen und andere süße Früchte sind deutlich schmeckbar und die Holznoten sind eher im Hintergrund als Unterstützung der anderen Aromen spürbar. Wir sprechen hier von einem frischen, schmelzigen und fruchtigen Chardonnay vom bekannten Australier Peter Lehmann. Eigentlich hätte man von einem Chardonnay aus Australien einen kräftigen Holzcharakter bei wenig Frucht erwartet, wie es scheinbar überall auf der Welt zu finden ist. Doch die Zeiten wo der Spruch „Anything but Chardonnay or Cabernet.“ in guten Restaurants zu hören war, sind mittlerweile vorbei. Diese weltweit sehr viel angebaute Rebsorte hat ihren Ruf weg und nur solch tolle Beispiele wie der Wein von Peter Lehmann kämpfen gegen das typische Vorurteil der „Holzbombe“ an und das mit Erfolg.

Eine Rebsorte mit Supertalenten?

Sie wächst in allen Ländern dieser Erde, hat verhältnismäßig geringe Ansprüche an besondere klimatische Bedingungen und ergibt bei wenig Aufwand solide Weine. Das stimmt so nicht. Die Ansprüche an Boden und Klima sind ähnlich hoch wie beim Weißburgunder und Riesling. Außerdem ist eine Ertragsreduzierung für kräftig-fruchtige Weine notwendig. Ihr natürlich kräftiges Aroma mit viel Frucht macht sie dann zum idealen Partner für ein Holzfass mit seinen vanillig und würzigen Noten. So sehen dass auch alle Neue Welt Länder von Neuseeland bis Californien und man fragt sich häufig, soll der Wein das Holz unterstützen oder umgekehrt? Dabei machen es die Franzosen doch seit jeher vor wie es geht, ist der Chardonnay doch seit neuesten DNA-Analysen von seiner Herkunft her eindeutig Franzose. Die Ausgewogenheit ist hier der Schlüssel zum guten Geschmack. Oft versteckt er sich hinter bekannten Namen wie Chablis oder schlicht Bourgogne AC. Er ist durchaus ein Weißwein mit Allroundtalenten, wenn man es versteht ihn richtig anzubauen, sonst würde in der Beschreibung nur „leicht“ und „dezente Fruchtaromen“ auftauchen.

Kein Holz vor der Hütte

Wo bei Rotwein das Holz den Geschmack insgesamt sehr positiv beeinflusst ohne zwingend in den Vordergrund zu rücken, ist bei Weißwein mehr Vorsicht geboten. Um den Verzicht auf den Einsatz von Holzfässern zu verstehen, muss man wissen das Chardonnay nicht zwingend Holzaromen braucht um gut zu schmecken. Es gibt gerade in Deutschland im Geschmack schöne Beispiele von vollmundigen, schmelzigen oder frischen und sehr fruchtigen Exemplaren. Solche Weißweine erkennt man häufig an Schlagworten wie zum Beispiel „spritzig“ und „exotische Früchte“ in der Weinbeschreibung. Ein ganzer Obstkorb voll kann im Aroma stecken und das ist nicht übertrieben. Chardonnay geht eben auch ohne Holz.

Schiedsrichter Preis

Es ist nur realistisch, die Qualität eines Chardonnay am Preis zu messen. Einen Chablis unter zehn Euro sollte man nicht unbedingt als Reinkarnation des Idealtyps eines ausgewogenen Chardonnays sehen. Aber es lohnt sich ein bisschen tiefer in die Tasche zu greifen und zum Fachhändler zu gehen, denn dann offenbaren sich echte Geschmackserlebnisse. Sowohl der Chablis (auch als Premier cru) als auch der deutsche Chardonnay sind Garanten für tolle Weissweine, wenn man bereit ist zwischen zehn und zwanzig Euro auszugeben. Damit klappt es auch beim Essen, ob als Holzversion zu würzigem Grillfleisch oder als Fruchttyp zu allen hellfleischigen Speisen und natürlich Käse. Von kräftiger Holznote zu Käse ist eher abzuraten. Die Ausgewogenheit ist hier erneut der Schlüssel.


Bildnachweis: ©Shutterstock – Titelbild: lithian

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