Wie findet der Bardolino Chiaretto zu mir? Nun, als ich die Tage die Agentur verließ, überlegte ich noch für den Abend, der schon ein wenig sommerlich zu werden versprach, noch einen leichten Vino Rosato zu erstehen. Vielleicht wollte ich auch einfach noch ein bisschen bei Real Shoppen gehen und den Tag von mir abfallen lassen. Jedenfalls lenke ich meinen kleine Roten zum Real und parke nahe dem Eingangstor.
Mein Weg führt mich auf ziemlich direkten Wege zu den Regalen mit den Weinen aus südlichen Ländern. Weiter vorne steht das ganze Aperol Sprizz und Hugo Gedöns, das ich schon nicht mehr sehen kann. Aus Südafrika sehe ich einen Heartbeats Cabernet Sauvignon Merlot, der mich mit den roten Herzchen auf der Flasche schon ein bisschen anlacht. Aber ich glaube, der ist mir heute zu mächtig und schwer. Sommer haben wir (schon fast) und da wünsche ich mir doch eher was leichtes. Aus Spanien den Viña Albali Gran Reserva lasse ich ebenfalls stehen. Der Tempranillo verspricht ein Aroma von mächtiger Vanille, die sich in meine Nase drückt und mir den Weg versperrt, was ich im Januar schon mal erlebt habe und: Nein, das ist mir auch eher was für den Juli oder so aber nicht für heute.
Bardolino Chiaretto aus der Provinz Verona
Schließlich komme ich doch bei den Italienern an. Ich nehme einen Rosé in die Hand und schaue ihn mir an. Es ist eben der Bardolino Chiaretto Classico. Als trockener Rosé-Wein (Vino Rosato Secco) wäre er genau das, was ich für heute suche. Er ist in der Cantina di Soave in Soave abgefüllt, das liegt in der Provinz Verona, was zur Region Venetien gerechnet wird. Soave liegt zwischen Verona und Vicenza. Das ist im hohen Norden, ein bergiger Landstrich. Die Weinbauern werden ihre schöne Arbeit mit dem Wein gehabt haben. Nach dem Tag heute finde ich mich da wieder und entscheide mich mal ganz solidarisch für den Bardolino Chiaretto. Wir werden sehen, wie er meinem Weibe und mir mundet. Real verlangt 3,49 Euro für die Flasche. Das ist noch bezahlbar.
Chiaretto Bardolino: ein Wein mit Geschichte
In Italien gilt der Chiaretto (aus Bardolino oder auch aus anderen Ortschaften) eigentlich als sehr dunkler Roséwein. Dieser Erwartungshaltung will er aber gar nicht gerecht werden. Ich finde, er steht sehr hell in der Flasche. Eigentlich müsste er dann Cerasuolo heißen, aber vielleicht nimmt man es in Soave nicht so genau. Auf der Flasche Finde ich ein „Rosato secco„, im Piemont sagt man auch Ciaret zu ihm. Hat er vielleicht noch andere Überraschungen zu bieten? Die Rebsorte Gropello ist hier jedenfalls weitgehend unbekannt. Sie wird fast ausschließlich um den Gardasee – einem DOC-Gebiet (Denominazione Di Origine Controllata – war auch völlig richtig auf der Flasche zu lesen) – angebaut und wird sehr häufig für den Bardolino Wein Chiaretto verwendet.
Alles nur geklaut: wie der Chiaretto aus Paris entführt wurde
Man erzählt sich in der Nähe von Bergamo auch eine Anekdote, nach der soll ein venezianischer Rechtsanwalt mit dem namen Pompeo Molmenti für die Entstehung des Chiaretto Wein verantwortlich gewesen sein. Besagter Pompeo ließ sich von der Liebe ( oder der Portokasse der Schwiegereltern in spe ) an den Gardasee locken, wo er die Tochter eine gut betuchten Familie ehelichte. Für die im Besitz der Familie befindlichen Weingärten hatte er auch alsbald eine besondere Verwendung gefunden. Als der Herr Anwalt nämlich kurzzeitig in Paris fand er Gefallen an Clairet (dem hellen roséfarbenen Wein) – so sehr, dass er beschloss, einen solchen am Gardasee anzubauen. Da dort jedoch rote Trauben angebaut wurden, verfiel er auf den Gedanken, den Most derselben frühzeitig von den Schalen zu trennen und ihn wie einen Weißwein zu behandeln. So kam es, dass unser erfindungsreicher Pompeo zu seinem Chiaretto fand. Noch heute wird der Chiaretto (im Prinzip) nach diesem Verfahren hergestellt.
Der Chiaretto: viel Struktur und Substanz
Es ist nun mal ein frischer und junger Wein. Als ich die Flasche öffne, kokettiert der typische, stark fruchtige Duft von Erdbeeren mit meiner Nase. Aber der Chiaretto will sie nur täuschen. Kaum hat sie sich auf die Erdbeere eingelassen und freut sich über das sommerlich fruchtige Aroma, da schieben sich andere, viel würzigere Aromen von Zimt und Nelken dazwischen und verdrängen das Fruchtbukett der Beeren ein Stück weit. Die salzige Note, von der man häufig spricht, spüre ich nicht, aber das tut der Sache keinen Abbruch.
Ein guter Partner der Tortellini
Gerade merke ich, dass ich mich mit ihm angefreundet habe und gebe ihm den Weg zur Zunge frei. Er willigt ein und lässt mich seine milde Säure spüren, die sich weiter hinten dann im Abgang in eine kräftige Würze verwandelt. Ach, das gefällt mir aber. Heute gibt es Tortellini in Tomatensoße und ich muss sagen, dass der Bardolino Wein die Pasta ganz exquisit komplementiert. Aber auch danach gönne ich mir nochmal ein Glas und genieße es in Ruhe, während ich meinen Gedanken über dem Blätterdach des Parks freien Lauf lasse.
Fazit:
Also ich finde, dass Real mir mit dem Bardolino Chiaretto für 3,49 Euro einen ganz wunderbaren Wein gegeben hat. „You’ve made my day“ möchte ich fast sagen. Mit seinen 12% ist er natürlich nicht ganz so leicht, aber das nehme ich ihm nicht krumm.
Bildnachweis: Titelbild: ©Shutterstock/Savchenkoalle; alle anderen © schwarzer.de