Eine bundesweit ausgerichtete berufliche Tagung sollte nach Würzburg führen. Würzburg war mir als Weinort bereits seit längerem bekannt, weil ich für eine Weinprobe zum Thema „Geschichte der Weinkultur“ möglichst die Qualitätsspitze fränkischer Weine erreichen wollte, und deshalb das Juliusspital angeschrieben hatte. Die Weine liefen auch zu meiner vollsten Zufriedenheit ein.
Juliusspital: Wein in Würzburg
Bei der Einfahrt in den Würzburger Bahnhof vermeinte ich bereits die Reben des Juliusspitals zu erkennen und freute mich schon. Am Tagungsort stellte ich allerdings fest, dass für das kulturelle Programm ein Besuch des Würzburger Bürgerspitals in Aussicht genommen war. Ich bedauerte diesen Umstand, hoffte allerdings nach Tagungsende noch Gelegenheit zur Besichtigung des Juliusspitals zu haben. Der Besuch des Bürgerspitals ließ allerdings keine Wünsche offen, nicht bei den exzellenten Weinen, auch nicht bei den leckeren Speisen und auch nicht mit Blick auf das „Spital“.
Seit fast 700 Jahren – und damit deutlich länger als das Juliusspital – besteht die Einrichtung des Bürgerspitals bereits. Zwar gab es auch hier eine adelige Gründung, der Name der wohltätigen Einrichtung leitete sich aber von den bürgerlichen Verwaltern ab. Das „Spital“ wuchs seither beständig und erfüllt wichtige Funktionen im Wohlfahrtsstaat, z.B. in einem Geriatriezentrum, Wohnungen, Wohn- und Pflegeeinrichtungen usw. Wohltätig ist in Sonderheit auch das Weingut des Spitals, und zwar im doppelten Wortsinn: Der Verkauf der Weine bringt Erlöse für den Stiftungszweck, und die Weine sind außerordentlich gut und geeignet ihre Konsumenten über alle Maßen zu erfreuen.
Frankenwein: Bocksbeutel, Silvaner, Spätburgunder?
Die teilweise zum Weingebiet Franken geäußerte Kritik, in der Region würden zu hohe Hektarerträge erzielt, bei einer strikten Mengenbegrenzung könnten gehaltvollere Weine gewonnen werden, ist beim Bürgerspital nicht angebracht. Ob Rieslinge oder jung zu trinkende Silvaner, auch die selteneren Spätburgunder, stets gelangten hoch konzentrierte Weine ins Glas. Selbst einer höchst pikanten Riesling-Creme-Suppe war der Sortencharakter in aller Deutlichkeit und Würze abzuspüren.
Auch für die Weinliteratur stellt das Bürgerspital eine Besonderheit dar. „Der kleine Johnson“ widmet ihm einige Zeilen und Hugh Johnson weist seine Riesling- und Silvaner-Lagen zu „den besten“ aus. Das mit über 120 ha zu einem der größten Weingüter Deutschlands zählende „Bürgerspital zum Heiligen Geist“ vereinigt einige der deutschen Spitzenlagen: Würzburger Stein, Innere Leiste, Abtsleite, Pfaffenberg und in Randersacker die Lagen Pflülben, Teufelskeller und Marsberg. „Das Weinlexikon“ von Horst Dippel spricht von den Weinen des Bürgerspitals als solchen, die sich „durch eine ausgeglichene, herzhafte-kräftige Art“ auszeichnen und deren beste „zweifellos zu den bemerkenswertesten Weinen Frankens“ zählen. Auch DER FEINSCHMECKER, GUIDE 2014, der immerhin dreieinhalb Punkte an das Bürgerspital verleiht, anerkennt die „Extraktdichte und Mineralität“ dieser Weine.
Noch mehr Frankenwein in Würzburg
Auch die Rebsortenpalette ist durchaus beachtlich und erwähnenswert: Neben der Hauptrebsorte Riesling und dem bereits bekannten klassischen Silvaner, werden auch Weißer Burgunder, Grauer Burgunder, Chardonnay, Müller-Thurgau, Gewürztraminer, Rieslaner, Bacchus, Scheurebe und Muskateller als Weißweine angeboten. Rote Sorten: Spätburgunder, Domina, Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon und Merlot.
Leider reichte die Zeit nicht aus, für eine Kellerbesichtigung. Allerdings blieben bei dem Besuch der Weinstuben innerhalb der romantischen Kellergewölbe des Bürgerspitals keine Wünsche offen, auch was die auch glasweise Verkostung von Weinen betraf, und die hervorragende Auswahl und die kulinarische Raffinesse von fränkischen Spezialitäten, darunter die unvergleichliche Riesling-Creme-Suppe.
Bildnachweis: ©Shutterstock – Titelbild: Oleksiy Mark