Saccharose in der Weinherstellung: Zucker im Wein?

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Wein hat in der Regel keinen süßlichen Geschmack. Daher sind viele Menschen sehr erstaunt, wenn sie hören, dass selbst trockenem Wein Saccharose zugesetzt wird. Dabei handelt es sich jedoch um ein übliches Verfahren bei der Weinherstellung.

Saccharose im Wein und trotzdem ein besonderen Genuss?

Wein ist wahrscheinlich das älteste alkoholische Getränk der Menschheitsgeschichte. Bereits vor Jahrtausenden wurden Trauben für die Weinproduktion angebaut. Der anregende Charakter des Weins führt dazu, dass dieser in vielen Kulturen eine wichtige religiöse oder spirituelle Bedeutung hat. Darüber hinaus stellt dieses Getränk einen ganz besonderen Genuss dar.

Die meisten Menschen gehen davon aus, dass die Weinproduzenten für die Herstellung dieses Getränks lediglich die Trauben auspressen und den Saft dann in Fässern lagern. Wenn sie hören, dass es hierbei häufig zu einem Zuckerzusatz kommt, können sie das kaum glauben. Insbesondere bei trockenen Weinen, die überhaupt nicht süßlich schmecken, scheint das einen Widerspruch darzustellen. Dennoch stellt die Zuckerzugabe eine gängige Praxis dar. Dieser Artikel stellt vor, was es mit der Saccharose bei der Weinherstellung auf sich hat.

Wein ist wahrscheinlich das älteste alkoholische Getränk der Menschheitsgeschichte.

Wein ist wahrscheinlich das älteste alkoholische Getränk der Menschheitsgeschichte. (#01)

Wein zählt zu den beliebtesten alkoholischen Getränken

Wein stellt einen festen Bestandteil der Kultur in Deutschland dar. Es gibt kaum ein Familienfest, bei dem nicht die eine oder andere Flasche dieses köstlichen Getränks geleert wird. Die folgende Tabelle zeigt, wie viel Wein und andere alkoholische Getränke die Menschen in Deutschland pro Jahr trinken.

Verbrauch alkoholischer Getränke in Deutschland (Liter pro Einwohner)

2012 2013 2014 2015 2016
Bier 107,3 106,6 106,9 105,9 104,0
Wein 20,8 21,1 20,7 20,5 20,6
Schaumwein 4,2 4,0 3,9 3,7 3,7
Spirituosen 5,5 5,5 5,4 5,4 5,4
Gesamt 137,8 137,2 136,9 135,5 133,7

 

Hier wird deutlich, dass Wein unter den alkoholischen Getränken nach Bier den zweiten Platz einnimmt. Ein Weinverbrauch von mehr als 20 Litern pro Person belegt außerdem, dass die Bundesbürger im Durchschnitt jede Woche das eine oder andere Gläschen zu sich nehmen.

Viele Menschen wollen dieses Getränk nicht nur genießen, sondern auch mehr über die Herstellung und die damit verbundenen Traditionen erfahren. Eine wichtige Frage dabei stellt es dar, was es mit der Aufzuckerung bei der Weinherstellung auf sich hat.

Wenn Sie eine Traube essen, dann fällt zunächst der intensive süße Geschmack auf. Auch Traubensaft ist ausgesprochen süß.

Wenn Sie eine Traube essen, dann fällt zunächst der intensive süße Geschmack auf. Auch Traubensaft ist ausgesprochen süß.(#03)

Saccharose: Welche Rolle spielt dieser Stoff bei der Weinherstellung?

Wenn Sie eine Traube essen, dann fällt zunächst der intensive süße Geschmack auf. Auch Traubensaft ist ausgesprochen süß. Daher liegt es auf der Hand, dass Zucker eine wichtige Rolle bei der Weinherstellung spielt. Ohne diesen Stoff, der in der Chemie auch als Saccharose bezeichnet wird, ist Wein nicht denkbar. Das liegt daran, dass er die Grundlage für die Entstehung von Alkohol darstellt. Im Traubensaft sind einige Hefepilze enthalten, die sich von den Zuckermolekülen ernähren. Allerdings bauen sie dabei nur einen kleinen Teil des Zuckermoleküls ab. Der Rest, der dabei übrig bleibt, ist der Alkohol.

Zucker- und Alkoholmoleküle sind sich aus chemischer Sicht recht ähnlich.

Traubensaft schmeckt zwar sehr süß, doch sind darin kaum gewöhnliche Zuckermoleküle enthalten. Beim Haushaltszucker, der aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben hergestellt wird, handelt es sich um ein Disaccharid – also um einen Doppelzucker. Dieser ist aus zwei Monosacchariden aufgebaut. Diese werden auch als Einfachzucker bezeichnet. Traubensaft enthält hingegen normalerweise keine nennenswerten Mengen an Disacchariden. Die Zuckermoleküle liegen hier fast ausschließlich in Form von Einfachzucker vor. Um genau zu sein, handelt es sich hierbei um Traubenzucker und um Fruchtzucker. In der Fachsprache heißen diese Zuckerarten Glucose und Fruktose. Während des Gärprozesses baut die Weinhefe den Einfachzucker ab und wandelt ihn in Alkohol um.

Rebsorten mit natürlichem Saccharose-Gehalt

Wenn man sich mit der Rolle des Zuckers bei der Weinherstellung befasst, dann könnte man aufgrund des süßen Geschmacks des Traubensafts auf die Idee kommen, dass dieser Stoff bereits von Natur aus enthalten ist. Dieser Gedankengang ist zwar richtig. Allerdings sind die Mengen ausgesprochen klein. Nur bei einem minimalen Anteil des Zuckers im Traubensaft tritt dieser als Disaccharid auf. Allerdings trifft das nicht immer zu.

Wie hoch der Zuckergehalt ist, hängt von der Rebsorte ab.

Die oben gemachte Aussage, dass im Traubensaft kein nennenswerter Gehalt an Haushaltszucker vorhanden ist, trifft auf beinahe alle europäischen Rebsorten zu. Im Bereich der Amerikaner-Reben, die in den USA gezüchtet wurden, gibt es jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel. Mehrere amerikanische Rebsorten weisen einen erheblichen Disaccharid-Gehalt auf.

Daher gibt es tatsächlich Weine, bei denen diese Zuckerart auf natürliche Weise vorkommt.

Wenn man jedoch berücksichtigt, dass diese Rebsorten hierzulande praktisch nicht angebaut werden und dass die Importzahlen für amerikanische Weine nur sehr gering sind, bleibt festzuhalten, dass dieser Fall sehr selten auftritt. Dass in Deutschland nur sehr wenige amerikanische Weine auf den Markt kommen, zeigt die folgende Tabelle:

Wenn man sich mit der Rolle des Zuckers bei der Weinherstellung befasst, dann könnte man aufgrund des süßen Geschmacks des Traubensafts auf die Idee kommen, dass dieser Stoff bereits von Natur aus enthalten ist.

Wenn man sich mit der Rolle des Zuckers bei der Weinherstellung befasst, dann könnte man aufgrund des süßen Geschmacks des Traubensafts auf die Idee kommen, dass dieser Stoff bereits von Natur aus enthalten ist.(#02)

Weinimporte nach Deutschland (2016)

Ursprungsland Menge in Hektolitern
Italien 5.470.000
Spanien 3.497.000
Frankreich 2.144.000
Südafrika 819.000
Chile 492.000
USA 467.000
Australien 425.000

Ein wichtiges Ziel bei der Weinherstellung besteht darin, ein Getränk mit einem erheblichen Alkoholgehalt zu produzieren.

Ein wichtiges Ziel bei der Weinherstellung besteht darin, ein Getränk mit einem erheblichen Alkoholgehalt zu produzieren.(#04)

Chaptalisieren: Das Aufzuckern des Weins

Ein wichtiges Ziel bei der Weinherstellung besteht darin, ein Getränk mit einem erheblichen Alkoholgehalt zu produzieren. Dem Gärungsprozess sind dabei jedoch natürliche Grenzen gesetzt. Da Zuckermoleküle dabei als Grundstoff notwendig sind, kann man aus Traubensaft mit geringem Zuckergehalt keinen Wein mit hohem Alkoholgehalt herstellen. Dieser Wert hängt jedoch in hohem Maße von der Sonneneinstrahlung während des Reifeprozesses der Beeren ab. Das bedeutet, dass er bei regnerischen Jahrgängen oder bei Weinbergen in ungünstiger Lage nicht allzu hoch ist. Das würde bei der Weinherstellung dazu führen, dass auch der Alkoholgehalt nur gering ist.

Um diesen Effekt zu verhindern, entwickelte der französische Chemiker Jean-Antoine Chaptal den Prozess der Chaptalisierung. Dieser besteht im Wesentlichen in einer Aufzuckerung des Traubensafts. Hierfür kommt in der Regel gewöhnlicher Rübenzucker zum Einsatz. Dieser wird durch die Enzyme der Hefepilze zunächst in Glucose und Fruktose gespalten, ehe er zu Alkohol vergoren wird.

Dieses Verfahren war ursprünglich dazu gedacht, den Winzern in regenreichen Jahren dennoch die Herstellung von Wein zu erlauben. Mittlerweile hat sich daraus jedoch ein Verfahren entwickelt, dass in weiten Teilen Europas üblich ist. Allerdings herrschen dabei strenge Grenzwerte. Je nach Anbaugebiet dürfen maximal zwei bis vier Volumenprozent des Alkoholgehalts des fertigen Weins durch das Chaptalisieren gewonnen werden.

Dieses Verfahren ist nur bei Weinen von geringer oder mittlerer Qualität erlaubt.

In Deutschland ist beispielsweise ab der Auszeichnung Prädikatswein kein Zuckerzusatz mehr erlaubt. Um diesen Prozess zu verstehen, ist es wichtig, zu beachten, dass durch das Chaptalisieren kein süßer Geschmack erzeugt wird. Die Zuckerzugabe wirkt sich hierbei ausschließlich auf den Alkoholgehalt aus, da alle Zuckermoleküle durch den Gärungsprozess vollständig in Alkohol umgewandelt werden. Im fertigen Wein ist daher kein Haushaltszucker in seiner ursprünglichen Form mehr enthalten.

Restsüße: Woraus ergibt sich der süßliche Geschmack?

Bei der Gärung wandelt sich der gesamte Zuckergehalt des Traubensafts in Alkohol um. Das trifft sowohl auf die natürlichen Vorkommen an Trauben- und Fruchtzucker als auch auf den nachträglich hinzugefügten Haushaltszucker zu. Durch diesen Prozess verlieren die Inhaltsstoffe ihre Süßkraft. Ein vollständig ausgegorener Wein ist daher niemals süß. Im Handel sind jedoch viele Weine mit einem süßen Geschmack erhältlich. Daher stellt sich die Frage, wie dieser entsteht. Ein naheliegender Verdacht wäre es sicherlich, dass dieser eine Folge der Aufzuckerung ist.

Für einen süßen Wein sind jedoch andere Verfahren notwendig. Hierfür gibt es drei verschiedene Möglichkeiten:

  1. Eine Technik besteht darin, den Gärprozess vorzeitig zu unterbrechen. Wenn der Umwandlungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, bleibt noch eine gewisse Restsüße im Wein zurück. Um den Gärungsprozess zu unterbrechen, ist es möglich, den Wein einer Kältebehandlung zu unterziehen oder ihn zu filtern.
  2. Auch durch die Zugabe von Schwefeldioxid ist es möglich, die Gärung zu beenden. Dabei ist es wichtig, zu beachten, dass die Restsüße fast ausschließlich durch Fruktose hervorgerufen wird. Das liegt daran, dass die Weinhefe die Glucose deutlich schneller abbaut.
  3. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Wein voll ausgären zu lassen und ihn nach diesem Prozess mit einer sogenannten Süßreserve zu versetzen. Dabei handelt es sich um Traubensaft, der nach dem Pressen zurückgehalten und nicht vergoren wurde. Daher behält er seine volle Süßkraft. Die Zugabe der Süßreserve bietet den Vorteil, dass sich dadurch der gewünschte Zuckergehalt deutlich präziser erzeugen lässt als bei einer Unterbrechung des Gärprozesses. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass hierbei der Fruktose- und Glucose-Anteil ausgewogen ist.
Ob ein Wein süß schmeckt oder nicht, ist sehr wichtig für dessen Einschätzung. Viele Menschen lieben gerade den trockenen Geschmack dieses Getränks. Andere Weintrinker mögen es lieber etwas süßer.

Ob ein Wein süß schmeckt oder nicht, ist sehr wichtig für dessen Einschätzung. Viele Menschen lieben gerade den trockenen Geschmack dieses Getränks. Andere Weintrinker mögen es lieber etwas süßer.(#05)

Die Angaben zur Süße

Ob ein Wein süß schmeckt oder nicht, ist sehr wichtig für dessen Einschätzung. Viele Menschen lieben gerade den trockenen Geschmack dieses Getränks. Andere Weintrinker mögen es lieber etwas süßer. Aufgrund der großen geschmacklichen Unterschiede ist es wichtig, den Charakter des Getränks so präzise wie möglich zu bestimmen und auf der Flasche anzugeben. So können sich die Käufer bereits vor dem Kauf ein Bild vom Zuckergehalt des Weins machen. Hierfür kommen folgende Angaben zum Einsatz:

Der Restzuckergehahlt im Wein

Trocken Maximal 9g pro Liter
Halbtrocken 9 bis 18g pro Liter
Lieblich 18 bis 45g pro Liter
Süß Über 45g pro Liter

Saccharose und die Gesundheit

Haushaltszucker ist ein Lebensmittel, das mit vielen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit in Zusammenhang steht. Diabetes und Übergewicht sind häufige Folgen, die aus einem übermäßigen Zuckerkonsum entstehen. Wenn ein Weintrinker von der Aufzuckerung dieses Getränks erfährt, befürchtet er daher häufig negative Folgen auf den Organismus. Daher soll auch dieser Aspekt noch kurz beleuchtet werden.

Die Gefahr von Diabetes wird durch die Aufzuckerung nicht erhöht, da der gesamte Zuckergehalt in Alkohol umgewandelt wird.

Unter diesem Aspekt ist die Restsüße von deutlich größerer Bedeutung. Diese ist jedoch unabhängig von der Saccharose-Beimengung. Personen, die regelmäßig süßen Wein trinken, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, an Diabetes zu erkranken.

Wenn Sie sich genauer zu den Folgen zuckerhaltiger Getränke informieren möchten, können Sie sich auch direkt an die Deutsche Diabetes Gesellschaft wenden:

Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V.
Albrechtstraße 9
10117 Berlin
Tel.: 030 / 3 11 69 37 0

Die Zuckerbeimengung steigert den Alkoholgehalt. Da Alkohol viele Kalorien hat, erhöht sich dadurch auch der gesamte Brennwert des Getränks. Deshalb erhöht die Zuckerbeimengung die Gefahr für Übergewicht. Der Unterschied zu Weinen, bei denen dieses Verfahren nicht zum Einsatz kommt, ist jedoch minimal.

Süßer Wein steht außerdem im Verdacht, Kopfschmerzen zu verursachen. Das ist jedoch lediglich eine Legende. Der Zuckerkonsum verursacht keine Kopfschmerzen – weder in gewöhnlichen Lebensmitteln noch in alkoholischen Getränken. Eine Ursache für diese Legende könnte es darstellen, dass sich süße Weine deutlich leichter trinken lassen. Daher nehmen viele Menschen hierbei das eine oder andere Glas mehr zu sich. Das könnte den Grund für die vermehrten Kopfschmerzen darstellen.


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