Markgräflerland-Gutedel 2014 von EDEKA, abgefüllt im Badischen Winzerkeller

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Eine Reise zur Rhone – von der Quelle bis zur Mündung – führte mich vor Jahren an den Genfer See. Ich erinnerte mich, in Vevey sehr angenehm gespeist zu haben und beschloss wiederum – nach vielen Jahren – das Hotel du Lac zu besuchen. Weil ich nicht so recht wusste, welchen Wein ich zu der bekannt feinen Küche wählen sollte, verließ ich mich auf die Empfehlung des Kellners – und erhielt einen „Fendant“. Von diesem Kellner erfuhr ich, dass der frische, aromatische und ausdrucksstarke, kurz, vorzügliche Wein ein Chasselas sei.

Der zweite auch in der Schweiz gebräuchliche Name – Perlan – ist erklärlich; der Chasselas wird dort in der Weise vinifiziert, dass er leicht moussiert. Erst nach der Reise stellte ich fest, dass es die Rebe auch in Deutschland gibt, wo sie unter dem Namen „Gutedel“ bekannt ist. Bei der erneuten Begegnung mit dem Chasselas/Gutedel, diesmal aus Württembergischer Produktion, erkannt ich den Wein kaum wieder.

Die Rebe weist eine sehr bemerkenswerte Geschichte auf: Es wird vermutet, dass sie die älteste bekannte, von Menschen kultivierte Rebsorte der Welt ist. Zeugnisse aus dem alten Ägypten weisen auf die Rebe hin, die Phönizier nach Spanien oder Frankreich gebracht haben sollen. Von da aus, soll sie ihre Reise in Rhonetal über die Mosel bis nach Deutschland angetreten haben. Für ihren Aufenthalt in Fontainebleau ist verbürgt, dass damals Trauben und Wein den französischen Königshof erfreut haben. Schon für die gallo-römischer Zeit ist überliefert, dass eine kleine Gemeinde im Maconnais gleichen Namens, der Chasselas den Namen gegeben hat.

Es ist bezeichnend, aber auch verwirrend, dass der Gutedel in der Schweiz – Hauptanbauvereich an den Südhängen der Berge des Genfer Sees – ein so hohes Ansehen genießt. KRÜGERS Weinlexikon schreibt dazu, dass er „nicht nur etliche ausgezeichnete und höchst angenehm zu trinkende Weine hervorbringt, sondern auch mit den Spitzengewächsen des Chablais … verdeutlicht, dass diese Rebsorte unter optimalen Boden- und Klimabedingungen in der Lage ist, höchst beachtenswerte Weine hervorzubringen, die zu den besten Weißweinen der Schweiz gehören.“ Dagegen klingen deutsche Stimmen höchst verhalten. So berichtet das TASCHENBUCH DER REBSORTEN: „Der Gutedel zählt nicht zu den Sorten, die begehrte Qualitätsweine liefern, aber im Bereich der leichten, ansprechenden Weine stellt er eine Spezialität dar“. Zum Anbauwert wissen die deutschen Experten der Landwirtschaftsbürokratie: „In Deutschland ist er begrenzt und beschränkt sich auf das Markgräflerland“ .

Zwar besteht – dem Vernehmen nach – im Markgräflerland eine gewisse Aufbruchsstimmung den Gutedel betreffend – und die aktuelle Phase des Experimentieren und der Neuorientierung könnte zur Verbesserung von Image und Qualitäten der Gutedel-Weine beitragen. Ob diese Neuorientierung von Hans-Peter Ziereisen tatsächlich schon gelungen ist, mag einstweilen dahinstehen. Der Jungwinzer, der durch eine Fernsehsendung des Südwestfunks bekannt wurde, wird teilweise schon sehr über den grünen Klee gelobt, etwa als Produzent des „weltbesten“ Gutede; in der Beurteilung des FEINSCHMECKER-Magazins wird auch sein Gutedel gelobt, allerdings nur unter anderem. Mit einer Ertragsreduzierung beim Gutedel scheint Ziereisen sich auch auf einem durchaus richtigen Weg zu befinden. Was die längere Lagerung „auf der Hefe“ und der Ausbau in alten Holzfässern aber eigentlich sollen, kann er vermutlich nicht schlüssig begründen. Das Auspressen der Trauben nach klassischen Vorbild – mit den Füßen – dürfte – statt sanfter maschineller Pressung – ein ebensolcher Holzweg sein, es sei denn, man will wissen ob die Traubenstampfern gerade verliebt war – oder nicht.

Leider finden sich in Lindau am Bodensee – ein Ort mit ähnlichen Bodenverhältnissen wie im Chablais – keinerlei Gutedel-Anpflanzungen. Jedenfalls weist das mehr als 200 km entfernte Markgräflerland eine deutliche andere Bodenbeschaffenheit aus. Der deutlich andere Charakter der (Bodensee)-Weine wird übrigens von im Weinbuch von Wilhelm Hamm, 1865, dokumentiert. Hamm schreibt: „Im allgemeinen wohnt dem Seewein eine eigentümliche, in der Gegend beliebte Säure bei, … Der Seewein ist es, dem zuerst das bekannte Prädicat „Dreimännerwein“ verliehen worden ist, weil man in früheren Zeiten behauptete, er sei so sauer, daß zwei Männer den Trinker halten müßten.“

Der 2014er Markgräflerland-Gutedel von EDEKA, abgefüllt im Badischen Winzerkeller

Bei einem Markgräflerland-Gutedel, von EDEKA, Jahrgang 2014, abgefüllt im Badischen Winzerkeller, 11,5 % Volumenalkohol, finden sich nicht einmal mit bescheidenen Attribute, die das REBSORTEN TASCHENBUCH aufzählt: Im ersten Moment spürt man Frische und Spritzigkeit, auch ein leichtes Moussieren – aber im Moment wird ein hefiger Ton merkbar, der bei jedem weiteren Probenschluck dominierender wird. Schließlich bietet die Breisacher Kellerei diesen Wein als „Biengener Lorettoberg“ an und erweckt damit den Eindruck, als handele es sich um eine Einzellage. Der Lorettoberg ist aber tatsächlich eine Großlage, die mehr 20 Gemeinden umfasst. Dieser Wein ist leider nicht geeignet, um dem Gutedel zu seinem verdienten Aufbruch zu verhelfen.
Bei den künftig nötigen Ersatzanpflanzungen sollten einige Winzer einmal einen Versuch mit dem Gutedel probieren, statt auf bekannte französische Sorten zu setzen, was auch Ziereisen praktiziert. Er beteiligt sich damit an dem schleichenden Rückgang im Gutedel-Anbau, der nach den letzten Statistik des Deutschen Weininstituts lediglich noch 1146 ha beträgt. Aus jeden Fall ist das Potential dieser Regsorte noch nicht völlig ausgereizt, ob wohl in Frankreich, wo die Rebe schon früher bewirtschaftet wurde, ebenfalls ein Rückgang der Rebfläche zu beobachten ist.


Bildnachweis: © schwarzer.de

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