Beerenauslese für 4,99 Euro: designed by rheinberg-Kellerei?

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Ob es eine kluge Entscheidung des deutschen Gesetzgebers war, mag dahingestellt bleiben: Tatsächlich ist es aber so: im deutschen Weinrecht bemisst sich die Qualität zunächst nach dem natürlichen Zuckergehalt der Beeren, sprich nach dem mit der Oechsle-Waage bestimmten Mostgewicht. Im Interesse der Erzielung höherer Mostgewichte erfolgten im 19. Jahrhundert die ersten Vorschriften für die Auslese von besonders süßen und eingetrockeneten Weinbeeren. Diese Weine wiesen natürlich einen süßen Geschmack auf, weil die Hefebakterien ab einer bestimmten Alkoholmenge im Wein abstarben, auch wenn noch nicht aller Zucker im Most umgewandelt worden war. Mehr als 23 % Alkohol waren – und sind – im Wege eines natürlichen Gärungsverlaufs nicht erreichbar.

Abgesehen vom Eiswein, bildet die Beerenauslese die zweithöchste Qualitätsstufe in Deutschland. Dass solche Weine nicht „billig“ sein können, ist schon dem Herstellungsprozess geschuldet. Ausgelesene Beeren können und dürfen nicht maschinell geerntet werden. Eine pikante Beerenauslese (0,5 l) ist an und für sich für 4,99 € nirgends zu kaufen. In der Pfalz müssen z.B. bei Anselmann für den halben Liter einer 2013er Huxelrebe 13,00 € ausgegeben werden, ganz zu schweigen von Georg Siben in Deidesheim, der für eine 1995er Riesling Beerenauslese – ebenfalls auf den halben Liter berechnet – 40,00 € verlangt.

Es ist schon ein kleines Wunder, dass die Rheinberg-Kellerei tatsächlich eine Beerenauslese zu diesem unerhört niedrigen Preis anbietet. Allerdings ist die Rheinberg-Beerenauslese, Jahrgang 2014, 9,5 % Volumenalkohol, ein Wein bei dem mit Süßreserve gearbeitet worden ist – sonst wäre bei natürlichem Gärverlauf ein höherer Alkoholgehalt erreicht worden. Die Rheinberg-Beerenauslese – von fast likörartiger Textur – besticht allerdings durch ein feines Aroma von Honig und Aprikosen mit einem Stich Limone und Anklängen von Ortega. Obwohl bei einem derart jungen Wein mit einer helleren Farbe zu rechnen gewesen wäre, ist die Beerenauslese von wunderbarer goldgelber Farbe mit Bernstein-Reflexen.

Da ist es besonders schade, dass als Herkunftsort nur „Pfalz“ genannt wurde – mit mehr als 23000 ha bestockter Rebfläche das zweitgrößte Weinanbaugebiet Deutschlands – und auch auf die Angabe der Rebsorte verzichtet wurde. Diese Angaben auf dem Etikett hätten keinen Cent Kosten verursacht, dem Verbraucher allerdings nützliche Informationen geliefert. Wenn diese Angaben fehlen, kann kein Weinort sich auf ein besonderes Renommé berufen und keine Rebsorte auf ihre Qualitäten und ihre Eigenart und ihr spezifisches Aroma. Schließlich: wenn es keine Kostengründe gibt, Ort und Rebsorte zu nennen, welche dann? Wurde der Wein verschnitten, sowohl hinsichtlich Rebsorte als auch dem örtlichen Wachstum? Das müsste noch kein Problem sein, es sei denn man fürchtet Wettbewerbsnachteile. Oder handelt es sich um einen Designer-Wein?

Oder will die Rheinberg-Kellerei – eine der größten in Deutschland – den Weinkunden daran gewöhnen, auf die dem Liebhaber notwendigen Weininformationen dauernd zu verzichten. Wein ist Lebensmittel eigener Art, Genuss- und Nahrungsmittel zugleich. Er ist ein Erzeugnis, dass sich von Jahr zu Jahr und von Ort zu Ort unterscheidet. Ein so vielfältiges Getränk, das sich zudem von allen anderen Lebensmitteln durch eine herausragende kulturelle Wertschätzung unterscheidet, braucht spezielle und sehr differenzierte Regelungen, die auch von Konsumenten nachvollzogen werden können. Ob sich die Rheinberg-Kellerei mit solch dürftigen Angaben auf dem Weinetikett ihrer Verantwortung für das Naturprodukt Wein bewusst ist und sich dauerhaft Freunde macht, kann bezweifelt werden.


Bildnachweis: © freeimages.com – fercozzz

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